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1 Schöne Wörter

Auf dieser Seite finden Sie Gedanken und Impulse aus der Woche vom 23. bis 29. März. Sie sollen Ihnen Mut und Freude machen in diesen schwierigen Zeiten.

Montag, 23. März 2020 

Zuversicht

Heute geht es los mit der kleinen Reihe „Schöne Wörter“. Worte sind nicht greifbar, man kann sie abtun als „leere Wörter“. Hier geht es um die mit Gehalt. Denn ein kleines Wort kann so Großes bedeuten.

Die Coronakrise verlangt von uns allen viel ab. Schon auf liebe Gewohnheiten verzichten müssen ist nicht zu unterschätzen. Unser Alltag braucht ja eine Struktur, damit wir uns wohlfühlen können. Soviel ist gerade neu und anders und ungewohnt. Darum soll die Zuversicht der Beginn sein.

Dabei kann ich die Zuversicht nicht einmal beschreiben. Hoffentlich ist sie einfach da! Früher gab es die Redeweise „sich zu jemandem versehen“, das bedeutet, „auf jemanden vertrauen“. Daher kommt das Wort Zuversicht. Die Zuversicht hat auch mit sehen zu tun: Sie sieht in die Zukunft. Wer zuversichtlich ist, glaubt, dass am Ende alles gut werden wird. Das fällt in diesen Tagen schwer. Schließlich weiß niemand, wie die Pandemie ausgeht. Aber das ist ja der Trick: Die Zuversicht braucht gar kein Wissen.

Ich bin jedenfalls zuversichtlich...                                                                                         ... dass unser Gesundheitssystem sehr gut funktioniert                                                   ... dass wir uns durch gegenseitige Rücksichtnahme helfen können                             ... dass die Hilfsbereitschaft größer bleiben wird als Rücksichtslosigkeit                     ... dass die Einsamkeit sogar weniger wird – jetzt, wo so viele Menschen aneinander denken                                                                                                                                      ... dass wir gemeinsam stärker sind als die Angst: wenn wir zuhören und trösten Mal ehrlich: Ihnen fallen bestimmt auch fünf Sachen ein. Mindestens! Das ist ein guter Anfang.

Zuversicht finden wir auch in der Bibel. Eigentlich wollte ich bloß einen Bibelvers nennen. Aber die sind alle so toll! Also gibt es drei auf einmal:

Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben. (Psalm 46,2)

Hoffet auf ihn allezeit, liebe Leute, / schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsre Zuversicht. (Psalm 62,9)

Der HERR ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht. (Psalm 91,9)

Gehen Sie mit der Summe aus 5+3 in die Woche und bleiben Sie behütet!

Ihre Pastorin Birte Wielage


Dienstag, 24. März 2020

Hilfsbereitschaft

Ein zweites schönes Wort ist Hilfsbereitschaft. Es gab sie schon immer und es wird sie immer geben. Sie beschreibt noch nicht einmal die Hilfe selbst, sondern die Bereitschaft dazu. Für diese Bereitschaft braucht es zwei Voraussetzungen.

Die erste ist: Ich muss von mir selbst absehen können. Wenn die Freundin anruft, weil es ihr nicht gut geht, bleibt der Putzlappen liegen. Wenn jemand gefallen oder verunglückt ist, wird der Weg zu Fuß oder im Auto unterbrochen. Zu Hause bleiben um der Menschen willen, die sich nicht anstecken sollen, ist eine Veränderung des Alltags. Hilfe unterbricht und verändert Routine, Abläufe, Wege und Verhalten. Hilfsbereitschaft rechnet damit und fürchtet keine Konsequenzen.

Die zweite Voraussetzung ist: Ich brauche wache Sinne. Die Ohren hören auch die unausgesprochene Not. Die Augen sehen hin und nicht weg. Das Herz lässt sich anrühren. Das Bauchgefühl wird zum wichtigen Ratgeber.

Ich ahne, dass es in unserer Gesellschaft die Zeit vor und die Zeit nach Corona geben wird. Es brauchte Kampagnen, um Rettungsgassen zu erklären. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht über Gaffer und Übergriffe gegen Rettungskräfte berichtet wurde. Und jetzt? Menschen halten zusammen, über Staatsgrenzen hinweg. Noch nie habe ich so oft von Engagement, Kreativität und Verständnis gehört wie in diesen Tagen. Das alles ist Hilfsbereitschaft.

Jesus hat gesagt: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25,40) Die „Geringsten“ sind jetzt die Erkrankten, die Isolierten, die Überlasteten und die am Rande ihrer Existenz stehen. Auch, wenn wir nicht heilen und keine Existenzen retten können, ist eine Menge Hilfe möglich, wenn wir nur bereit dazu sind. Einen Gang runter schalten, danke sagen, geduldig sein hilft schon allen. „Unsre Hilfe steht im Namen des HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat.“ (Psalm 124,8)

Seien wir bereit dazu und packen wir es an. Gemeinsam gegen Corona. Gemeinsam für eine freundlichere Welt.

Ihre Pastorin Birte Wielage


Mittwoch, 25. März 2020

Humor

Die Wochenmitte ist erreicht, und damit ist es Zeit für ein bisschen Humor. Es ist richtig, die Krise ist ernst. Die Situation ist weltweit und bei uns in Deutschland für viele Menschen ernst. Das ist zu sehen an der Nachrichtenlage und an den leeren Straßen. Beim Einkaufen machen wir inzwischen einen Bogen umeinander und kaum noch den Mund auf, um auch nur zu lächeln. Trotzdem ist es wichtig, dass wir den Humor und das Lachen nicht verlieren.

„Humor ist, wenn man trotzdem lacht“. In dieser Redewendung stecken Trotz und Widerstand. Diese allgemeine Formulierung sagt gerade dadurch viel aus, dass sie nicht benennt, wem oder was zu trotzen ist. Die Allgemeinheit macht den Satz so gültig. Denn Humor hilft dabei, Angst zu besiegen. Darum blüht der Witz in Zeiten von Bedrohung – auch eine Form von Frühling. So wie jetzt, wenn von Piloten im Homeoffice erzählt, Fotomontagen mit dem Smartphone verschickt und umgedichtete Liedtexte gesungen werden. Ich kann darüber lachen und weiß: Lachen verbindet.

Echter Humor ist nicht Schadenfreude und überschreitet auch die Grenze zur Geschmacklosigkeit nicht. Die vielen Witze über Hamsterkäufe nehmen nicht Menschen, sondern ihr Verhalten aufs Korn. Darüber zu lachen befreit von der spürbaren Anspannung. Lachen ist gesund!

Sogar die Bibel ist viel lustiger als man meinen könnte. Im 4. Buch Mose beispielsweise (Kapitel 22) ist ausgerechnet eine Eselin klüger als der Prophet Bileam. Das ist keine Nummer für einen Comedian, aber eine urkomische Erzählung und nur eins von wirklich vielen Beispielen. Dass Jesus gelacht hat, wird im Neuen Testament zwar nicht berichtet, aber es ist kaum vorstellbar, dass er das NICHT getan hat – schlagfertig wie er war.

Werden wir also wie die Kinder. Die lachen vierhundertmal am Tag. Erwachsene nur zwanzigmal. Ist das nicht traurig?

Ihre Pastorin Birte Wielage


Donnerstag, 26. März 2020

Vertrauen

Tag vier in dieser kleinen Serie. Wann ging das eigentlich los mit Corona? Die Tage habe ich festgestellt: In den Kirchengemeinden jedenfalls viel später als in den Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern. Diese Verzögerung hat mich nachdenklich gemacht. Ist da was in der Nachrichtenübermittlung schief gelaufen? Waren wir nicht aufmerksam genug? Wahrscheinlich trifft beides nicht zu. Denn wer gerade zu entscheiden hat, wer wann was erfährt, vollzieht einen Drahtseilakt. Es muss sorgsam abgewogen werden zwischen den beiden Polen zu früh (Panikmache) und zu spät (Fahrlässigkeit). Mir scheint, dass das in unserem Land gut gelingt.

Drahtseilakte sind die gefährlichen Nummern von Seiltänzern. Die Höhe ist schwindelnd, und meistens fehlt das Netz. Die Seiltänzerin balanciert auf einem gespannten Seil mit nichts einer langen Stange für besseres Gleichgewicht. Das braucht Mut, um da überhaupt nach oben zu klettern. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten muss groß sein. Diese Art von Gefahr fand ich schon immer überflüssig: Wie kann jemand sein Leben riskieren, nur damit andere staunen und ihre Nerven gekitzelt werden?

Das Leben und diese besonderen Zeiten lassen einem aber manchmal keine andere Wahl. Auch das geht nicht ohne Vertrauen. Entscheidungsträger können sich nicht wegducken. Sie müssen den Experten vertrauen. Die Experten vertrauen ihren wissenschaftlichen Fähigkeiten und anerkannten Forschungsstandards. Wir Mustermänner und Musterfrauen brauchen Vertrauen, dass alles funktioniert, die Politik, das Gesundheitswesen und die Presse. Wir haben Grund für dieses Vertrauen, denn wir leben in einer funktionierenden Demokratie, haben ein stabiles Gesundheitswesen und eine freie Presse. Das ist alles andere als selbstverständlich.

Aber wenn wir dann doch fallen in die Untiefen von Angst oder Einsamkeit? Unser Netz unter dem Drahtseil des Lebens ist Gott. Niemand hat das voller Gottvertrauen schöner beschrieben als der Dichter Rainer Maria Rilke (1875-1926) im Gedicht „Herbst“: Es ist „Einer, der dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.“

Wer jetzt weiterlesen möchte, nur zu! Der Mann hat’s wirklich drauf gehabt. Wunderschön auch: „Zum Einschlafen zu sagen“. Sein „Panther“. Hach... Für alle, denen bis hier der Frühling gefehlt hat, noch zwei Verse von Rilke. Sie sind wie für diese Tage geschrieben: „Ein Tor geht irgendwo / Draussen im Blütentreiben“.

Schöne lyrische Entdeckungen wünscht Ihre Pastorin Birte Wielage

P.S.: Kleine Buchhandlungen freuen sich gerade sehr über Bestellungen 😉


Freitag, 27. März 2020 

Gelassenheit

Es ist alles so ruhig. Auf den Straßen ist viel weniger Verkehr. Der Lärm der vorbeifahrenden Autos ist fast verschwunden. Bisher ist mir auch nie aufgefallen, dass es im Supermarkt laut ist. Aber jetzt ist es selbst da irgendwie still. Aus den Lautsprechern kommt weiterhin Musik, aber das ist schon alles. Und wenn ich es eilig habe, dann poltere ich normalerweise durchs Haus. Jetzt ist auch nichts eilig. Draußen und innerlich sind die Lautstärkeregler herunter gedreht.

Für alle, die kleine Kinder haben, ist das Leben wahrscheinlich lauter geworden. Die ganze Energie der Kurzen muss sich ja irgendwie entladen. Wie gut wäre es, wenn alle Familien wenigstens einen Garten hätten! Dafür erholen sich jetzt hoffentlich die Ohren von Erzieherinnen. Mehr als einmal habe ich mich gefragt, wie sie es in den Kitas eigentlich stundenlang ohne Gehörschutz aushalten.

Abgesehen von den Berufsgruppen, die gerade unter besonderer Anspannung stehen, macht sich nach meinem Eindruck bei den Menschen gerade so etwas wie innere Ruhe breit. Zu innerer Ruhe kann man auch „Gelassenheit“ sagen – das schöne Wort für Tag fünf.

Diese Wahl soll Sorgen nicht leichtfertig beiseite schieben. Die finanziellen Engpässe haben ein ungekanntes Ausmaß. Die geschnürten Hilfspakete aber auch. Nicht umsonst gibt es in vielen Landstrichen Redewendungen, die Gelassenheit hervorheben. Der Kölner sagt: „Et hätt noch immer jot jejange“, also „es ist noch immer gut gegangen“ in der Bedeutung von „immer mit der Ruhe“. Das kann sogar funktionieren, wenn die Ruhe so wie jetzt gewissermaßen verordnet ist. Wenig anders ist der plattdeutsche Ausspruch: „Wat mutt, dat mutt“. Es ist eben nicht zu ändern.

In christlichen Texten bedeutet Gelassenheit „Gottergebenheit“ – vor meiner kleinen Recherche wusste ich das gar nicht. Ergeben sein schreit normalerweise nach Aufstand. Aber in diesem Fall ist es genau so. Gelassenheit lässt uns  alles vertrauensvoll in Gottes Hand legen. Dann können wir in unseren Häusern vielleicht sogar sagen: „Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein du, Herr, hilfst mir, dass ich sicher wohne.“ (Psalm 4,9)

Gelassenheit und keine Sorgen wünscht

Ihre gelassene Pastorin Birte Wielage


Samstag, 28. März

Zufriedenheit

Es ist mehr als nur Anpassungsfähigkeit oder Schönreden, wenn Menschen zufrieden sind, die nur wenig haben oder gerade eine Lebenskrise durchmachen. Ihre Zufriedenheit ist eine Haltung. Diese Haltung strahlt aus. Menschen, die erzählen, dass es ihnen doch gut geht, haben nicht resigniert. (Diejenige, die sich das Trotzdem! mit Ausrufezeichen dann dazu denkt, bin ich.) Ihre Körperhaltung ist aufrecht, nicht zusammengesunken. Ihr Blick ist wach. Liegt das daran, dass ihre Augen schon so viel gesehen haben? Oder daran, dass die Neugier eine Schwester der Zufriedenheit ist? Das Alter hat die Stimme vielleicht ein wenig zittrig gemacht. Aber sie ist ruhig, nicht laut oder aufgeregt. Laut werden nur die Unzufriedenen.

Wenn ich an zufriedene Menschen denke, fallen mir fast nur Männer und Frauen jenseits der 70 ein. Auch Kranke sind darunter. Sie nehmen die körperlichen Einschränkungen als Begleiterscheinung des Alters an.

Unzufriedenheit ist offenbar leichter, denn „irgendwas ist immer!“ Aber ist das, was uns klagen lässt, nicht oft eine Kleinigkeit? Mich beeindruckt die Fröhlichkeit der alleinerziehenden Mutter, die günstig einkauft, täglich kocht und ihren Töchtern ein behütetes Zuhause gibt, obwohl das Geld nie reicht. Denn trotz aller Privilegien ist auch bei mir „immer irgendwas“.

Wie lange die Corona-Krise dauern wird, ist nicht absehbar. Wie viele Menschen jetzt verzweifelt sind, weil ihr Einkommen wegbricht, ist nicht gezählt. Es ist wohl kein Zufall, dass in unserer „Brotnation“ Mehl und Hefe mit am schnellsten ausverkauft waren. Brot im Haus zu haben – oder backen zu können – ist wesentlich. Es war auch Angst, die Regale geleert hat. Aber vielleicht war es auch eine Besinnung auf das Wesentliche. Darum soll diese erste kleine Reihe enden mit einem Gedicht von Reiner Kunze (geb. 1933). Es lehrt mehr als Zufriedenheit. Es lenkt auch den Blick auf die anderen und auf Gott.

Fast ein Gebet

Wir haben ein Dach 

und Brot im Fach 

und Wasser im Haus, 

da hält man's aus.

Und wir haben es warm 

und haben ein Bett.

O Gott, daß doch jeder 

das alles hätt'!

 

Bleiben Sie behütet!

Ihre Pastorin Birte Wielage